Der erste Schnee • Erzählt

Inhalt


Es ist noch dunkel. 
Ich öffne die Haustür und trete hinaus. Im Laternenlicht erkenne ich, dass heute Morgen etwas anders
ist, als sonst. Es hat geschneit.
Ich stapfe den schmalen Weg entlang, bis ich zur
Bushaltestelle gelange und stelle mich, wie jeden morgen, knapp außerhalb des
Helligkeit spendenden Kegels des Laternenlichts. Ich hasse Licht am Morgen. Und ich hasse Schnee, denke ich, wie ich so dastehe und die
verschneiten Hausdächer im Dunkel erkenne. Ich hasse Schnee, wie er sich über die gesamte Landschaft
zieht und alles bedeckt, was vom Herbst noch übrig geblieben war und ich hasse,
wie er die Farben unter sich begräbt, dass alles nur noch grell weiß
aufblendet. Ja, ich hasse den Schnee, wie er alles Vorankommen auf den
Straßen erschwert und wie er es sich erlaubt sich von weiß in ein noch viel
grässlicheres grau-braun zu verwandeln, ohne, dass man es ihm erlaubt hätte. 
Ich stehe da, und verfluche den Tag, an dem Gott den Schnee
geschaffen hat. Wozu?, denke ich und reibe meine steif gefrorenen Hände. Am Ende der Straße blitzen die Lichter des Busses auf.Ich steige ein und stelle mich darauf ein, dass der Bus nur
schleppend vorankommen wird. 
Ich hasse Schnee.
Bei der Arbeit denke ich noch immer über den Schnee nach.
Langsam wärmen sich meine Hände wieder auf und der dampfende Kaffee
verströmt eine wohlfühlende Wärme in meinem Körper. Ich sitze am Schreibtisch und schaue auf die Stadt.
Dort, wo
sich der Schnee noch nicht in Matsch verwandelt hat, glänzt er im Sonnenlicht. Ich sehe Autos auf den Straßen, höre Hupen und Reifen auf
dem Asphalt. Am Fenster läuft eine Gruppe Menschen vorüber, aber ich
beneide sie nicht, wie sie sich ruhelos und halb erfroren durch die Straßen
kämpfen. Ich hasse Schnee, denke ich.  
Der Bus hält an der Haltestelle und ich steige aus. Kalte
Luft steigt mir in die Nase und ich ziehe mir den Schal fester um den Hals. Das Licht der Sonne verschwindet langsam hinter dem Hügel. Ich gehe den schmalen Weg entlang und sehe Kinder an einem Hang.
Ich bleibe stehen und schaue zu ihnen hinüber. Ein Mädchen zieht einen Schlitten hinter sich her und ein
anderes läuft den Hügel hinauf. Sie werfen sich in den Schnee und lachen. Zwei Jungen werfen Schneebälle und ihre roten Gesichter
strahlen vor Freude.
Ich muss lächeln.
Ich drehe mich um und gehe.
Jetzt weiß ich, wozu Gott den Schnee geschaffen hat.

Illustration und Text von Frederike Matthäus © 2014
Verlinkt: creadienstag

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