I’m a sewist • oder: das verbotene Wort

Inhalt

– enthält Werbung –

Oooooooh this word… Sewist. Ich wusste nicht, dass dieses Wort in der englischsprachigen (Blogger-)Welt so eine hitzige Diskussion entfacht hat. Und ihr wisst, ich liebe Wörter und besonders die, die polarisieren. Ich kenne das Wort von vielen Blogs und Labels und benutze es seitdem gerne. Es klingt cool. Das sage ich natürlich als Nichtmuttersprachler des Englischen, aber im Gegensatz zu anderen gängigen Beschreibungen einer Näherin wie seamstress oder tailor, klingt sewist einfach moderner. Und das ist es auch. In englischen Wörterbüchern findet sich das Wort (noch) nicht. Meist wird auf Blogs und ‚das Internet‘ verwiesen, wo der Begriff am meisten verbreitet ist.

Jemand, der näht, kann im Englischen sewer, seamstress oder tailor sein. Die beiden letzteren werden von vielen Hobbynähern jedoch abgelehnt, da es eher den Eindruck eines professionellen Schneiders vermitteln würde. Und auch im Deutschen würde sich kein ausgebildeter Hobbynäher als Schneider beschreiben, oder?

Da wäre dann noch sewer. In der englischen Wortbildung ist es üblich, an Verben die Endung -er anzuhängen, um eine Person zu beschreiben, die die Handlung ausführt. Writer, reader, blogger. Allerdings gibt es da dieses eine Problem. Denn sewer wird genauso geschrieben wie das Wort für Abwasserkanal – nämlich sewer. Die beiden Worte werden lediglich unterschiedlich ausgesprochen (in etwa soh-er vs su-er). Jedoch stören sich vor allem Blogger an der Homographie (also der gleichen Schreibweise), denn sie nutzen es hauptsächlich in Texten und nicht beim Sprechen. Das Dilemma zeigt, wieso Blogger auf der Suche nach einem neuen Begriff sind.

Auch die Endung –ist wird im Englischen für Personenbezeichnungen verwendet. Artist, pianist, cyclist. In enigen Beschreibungen von sewist wird der Begriff auch als Mischung aus sewer und artist gedeutet, rechnet ihm also eine kreative, künsterlische Note zu.

Das alles weist ja noch nicht auf die erwähnte Diskussion hin. In einem Artikel von 2010 schreibt die Autorin „Don’t call me a ’sewist‚“ und distanziert sich von dem Begriff. Das einzige Argument scheint jedoch zu sein, dass es bereits genug Begriffe gäbe. Noch spannender wird es in einem Interview von Craftsy mit einer ‚Gegnerin‘, die das Wort als „ugly“ und „horrible“ beschreibt. Das Interview liest sich ganz amüsant („She’s an expert at sewing, but is she an expert in English?“), wieso sie das Wort nun aber so schrecklich findet, wird auch hier nicht ganz deutlich. Ich denke als Nichtmuttersprachler ist der Blick von außen nicht besonders aufschlussreich. Vielleicht ist es vergleichbar mit Anglizismen, die manche deutsche Sprecher als ‚Unwörter‘ bezeichnen würden und andere als modern. Sprache ist und bleibt einfach ein streitbares Thema, bei dem sich die Geister scheiden. Liest man die Kommentare unter dem Interview führt sich die Diskussion fort – einige sprechen sich für die Neuschöpfung aus, andere verweigern sich ihrer.

Wichtig finde ich aber die Botschaft, die einige Befürworter aussprechen:

Call yourself whatever makes you happy!

Mein neuer Pullover, der in der Septemberfarbe Orange von 12 Colours of Handmade Fashion daherkommt, ist insofern ein Statement. I’m a sewist. Und für mich bedeutet das, dass ich meine Kleidung selbst nähe, mich mit Schnittmusterkonstruktion auseinandersetze, auf meinem Blog über meine Näherfahrung schreibe und mich beim Nähen weiterentwickeln möchte.

Das Wort SEWIST habe ich auf weiße Bügelfolie geplottet und auf meinem Oversizepullover platziert.

Der Schnitt

Der Schnitt ist wieder der Unisexpulli 3045 von Kwiksew. Ich habe zum zweiten Mal Version A genäht, nur dieses Mal nicht so sehr gekürzt. Bevor ich die Seitennähte meines Raglanschnittes geschlossen habe, habe ich den Pullover am Körper angehalten und die ungefähre Position bestimmt, in der der Schriftzug aufgebracht werden soll. Mit Stecknadeln habe ich die maximalen Außenpunkte markiert und die Buchstaben dazwischen verteilt. Die Buchstaben sind jeweils 5cm hoch und ich habe die Schriftart Blackout verwendet. Die Buchstaben haben etwa einen Abstand von 2,5cm.

Der Stoff

Der Stoff ist ein weicher Sweatstoff in einem ausgewaschenen Orangeton. Die Farbe finde ich total klasse, da ich nicht damit gerechnet hatte, ein Orange zu finden, das mir stehen könnte. Da die Farbe aber nicht so knallig, sondern schon ein bisschen ins Rosa/Rot geht, kann ich mich sehr gut damit anfreunden. Und wieder zeigt Selmins monatliche Farbchallenge, wie überraschend vielseitig manche Farben sein können!

Jetzt fehlt doch eigentlich nur noch ein neues fetziges Wort im Deutschen.

Vielleicht nenne ich mich ab jetzt Nähartist. Oder Nähianer. Oder Nähler.

Hauptsache ich bin keine Nähbiene.

Schnitt: Kwiksew 3045* – stoffe.de
Stoff: Sweatshirting Pheasant – Nosh

Mehr Stimmen zur Sewist-Diskussion gibt’s bei Sewaholic, Threads Magazine und Grammarphobia

*Affiliate Link
Fredi Seemannsgarn handmade

Hello there!

Hi, ich bin Fredi! Schön, dass du da bist. Hier findest du alles rund um selbstgenähte Mode und Taschen.

Was suchst du?

Entdecke Kunstdrucke im Shop
Schnittmuster für dich

15 Antworten

  1. Liebe Fredi, dein Artikel ist mega spannend! Ich hatte ja keine Ahnung…! Aber ich liebe deine Geschichten rund um schöne Wörter ja sowieso und überhaupt. Und in den Pulli habe ich mich ja schon letzthin verliebt, mir gefällt der Raglan-Schnitt und das Lässige. Ein Traum!Liebe GrüßeBine (auch keine Näh-Bine) 😉

  2. Liebe Fredi,danke für den tollen Beitrag! Ich schreibe gerade meine Masterarbeit zum Thema deutsche und englische Terminologie beim Nähen und manchmal hab ich das Gefühl, du hättest wesentlich mehr Freude daran als ich. 😉 Also wenn dir noch mehr einfällt zum Thema, nur zu! :DDer Pulli steht dir im Übrigen super und bei mir als Orange-Hasser (die Farbe macht mich einfach aggressiv) wäre es in diesem Monat wohl auf einen ähnlichen Farbton hinausgelaufen. (Wie eigentlich meistens, dein Geschmack trifft bei mir so ziemlich immer ins Schwarze.)So, Schluss mit der Prokrastination, weiter geht's (Thema heute: Erfindung der Nähmaschine)! ;)Liebste Grüße aus Leipzig!Juli

    1. Genau, wie Bine schon sagt, studiere ich Übersetzen in Leipzig und da ich nebenbei bereits freiberuflich als Übersetzerin arbeite, kann ich für die Masterabeit leider nicht so viel Zeit aufbringen, wie sie es erfordert und verdient. Vielleicht schreib ich dir ja nochmal und wir fachsimpeln ein bisschen darüber, ob wir nun sewists, sewer oder doch fabric artists sind. ;)Bine, du studierst also auch übersetzen? Mensch, willst du nicht nach Leipzig kommen, ich könnte hier echt gut eine Nähfreundin gebrauchen, die weder Nähbiene, -muddi noch -tante ist und der auch ganz sicher nie was "mal eben von der Nadel hüpft". ;)Liebe Grüße an euch beideJuli

    2. Oh man, Juli, wir sitzen wirklich in einem Boot. Ich habe dieses Jahr auch angefangen, freiberuflich zu arbeiten, worunter meine Masterarbeit wirklich seehr leidet… Leider habe ich kein nähspezifisches Thema ergattert, sondern bin in einer ganz anderen Richtung unterwegs. Hast du vielleicht Lust, per Mail weiter fachzusimpeln – damit wir Fredis Kommentare wieder dem Näh-Content überlassen? Ich hätte nämlich große Lust, dich über deine Masterarbeit und das Studium in Leipzig auszuquetschen! 🙂 [Meine Mail müsstest du über den Link zu meinem Bloggerprofil finden (bzw. im Impressum).] Liebe Grüße, auch an dich Fredi, du führst hier ja die ganze Welt zusammen!!

    3. Ich bin zwar nicht so versiert im Englischen, aber als Germanistin finde ich das trotzdem echt spannend. Also ich würde echt gerne nen Blick reinwerfen, wenn deine Arbeit irgendwann fertig ist 😉 Ich stehe ja jetzt kurz vor meiner Bachelorarbeit!Viel Erfolg auf jeden Fall noch mit der Arbeit 🙂

    4. Ach ich glaube das wird recht unspektakulär, da mein Ziel mittlerweile nur noch das Bestehen ist. 😉 Aber prinzipiell natürlich gerne.Ich danke dir, für dich dann das gleiche! Worüber schreibst du denn?

    5. Sprachwissenschaftler unter sich, ich finds nicht lahm, haha. Ist ja beim Übersetzen auch ein spannendes Thema. DaF war bei mir damals auch ne Option, aber ich arbeite dann doch lieber allein in meinem Kämmerlein. 😉 Wünsche dir jedenfalls mehr Motivation und Zeit als ich sie habe! 🙂

  3. Wow… Also das das Wort neu erfunden ist, wusste ich eh noch nicht, aber dass es so heftig diskutiert wird, ist ja irre. Dabei klingt sewist wirklich wesentlich schöner als der Rest. Zu deinem Pulli muss ich jetzt gar nichts sagen, oder? Ich liebe ihn! Und als Wortschöpfung im Deutschen würde mir Schneiderli in den Sinn kommen. Liebe Grüße

  4. Außer, dass ich deinen Pulli super finde, interessiert mich das Sprachthema (wie einige andere hier ) auch sehr. Ganz zufälligerweise hatte ich mir nämlich gestern während des Übersetztens über genau diesen Begriff – aber dann im Deutschen – Gedanken gemacht! Ich fände deine Masterabeit übrigens auch sehr spannend! Viele Grüße, Rebecca

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Let's get creative