Vom Einkaufsbummel auf den Nähtisch – oder: wie diese Sommerjacke entstand
Vor einiger Zeit war ich bei einem Einkaufsbummel in der Stadt in einigen Klamottengeschäften unterwegs. Mittlerweile macht mir Shopping kaum noch Spaß, zumindest deutlich weniger als früher. Ich kaufe meist nur noch Kleidung, wenn ich sie wirklich brauche und vorher weiß, was ich suche. Trotzdem stieß ich in einem Geschäft plötzlich auf eine leichte Sommerjacke – und war sofort verliebt. Ihr kennt ja vielleicht schon meine Affinität zu Jacken aller Art und so stand ich bestimmt 15 Minuten in der Umkleidekabine und drehte mich vor dem Spiegel in dieser Jacke hin und her. Wenn man ein Kleidungsstück im Geschäft gar nicht mehr ausziehen mag, ist das schon mal ein gutes Zeichen dafür, dass man es eigentlich kaufen sollte. Ich konnte aber nicht. Ich war absolut hin und weg von dieser Jacke, aber ich konnte sie einfach nicht kaufen. Es lag nicht am Preis, der lag so um die 40€, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsste diese Jacke selber nähen.
Ich schlich bestimmt zwei Wochen immer mal wieder um die Jacker herum und auch als ich sie reduziert in einem Laden fand, konnte ich mich nicht dazu durchringen, sie zu kaufen. Also machte ich mich auf die Suche nach einem passenden Schnittmuster für meine Traumjacke. Natürlich hatte ich bei der ersten Anprobe schon ein Foto gemacht und konnte es als Referenz nehmen.
Die Suche nach dem richtigen Schnittmuster
Wer Kleidung selber näht, kennt diese Projekte, bei denen man ein genaues Bild im Kopf hat, aber kein passendes Schnittmuster findet. So erging es mir zunächst auch. Die Jacke aus dem Laden war locker geschnitten, etwa hüftlang und mit Kapuze, Klappentaschen und Reißverschlussblende. Nach einiger Suche auf Blogs und Schnittmusterseiten fand ich dann das Schnittmuster Joy Jacket von Chalk and Notch. Ja, dieser Schnitt kam schon recht nah an das heran, was ich suchte. Aber irgendwie fehlten mir einzelne Details beim Schnitt und der Kragen der Jacke im Laden ging nicht so hoch wie bei der Joy Jacket… ihr ahnt es: ich war noch nicht ganz zufrieden. Aber irgendwann dachte ich mir, dass ich die Jacke aus dem Laden auch nicht 100%ig nachnähen muss, denn mit Anpassungen am Schnitt kann ich mir die Jacke gestalten, wie ich mag. Also kaufte ich mir die Joy Jacket und schon stand ich vor dem nächsten Problem.
Welches Material nehme ich für meine Sommerjacke?
Ein Schnittmuster hatte ich gefunden, aber was für ein Material nehme ich? Ich wollte unbedingt einen leichten Stoff, der schön fällt. In Blogposts zur Joy Jacket las ich immer wieder von Tencel, der genau die Eigenschaften hat, die ich mir für meine Jacke gewünscht hatte. Allerdings fand ich keinen Shop, in dem ich diesen Stoff hier bestellen konnte. Großartig, ich war total demotiviert.
Dann fiel mir plötzlich ein Stoff ein, den ich kurz zuvor bei Stoff & Stil bestellt hatte. Eigentlich wollte ich daraus noch eine Hose Wrapped nähen, doch der Stoff war einfach wie gemacht für mein Jackenprojekt!
Der Stoff heißt Cupro und fällt schön weich und hat eine schöne weiche Oberfläche. Vergleichbar sind die Stoffeigenschaften mit Viskose. Ich habe später gelesen, dass Cupro in der Herstellung nicht sehr umweltfreundlich sein soll, da es eine Chemiefaser ist. Das wurmt mich im Nachhinein schon sehr, allerdings bin ich mit dem Stoff bei der Jacke insgesamt richtig zufrieden. Ob ich ihn nochmal kaufen würde, weiß ich deswegen allerdings nicht… Als Innenstoff habe ich mich für einen geblümten Viskosestoff entschieden. Da ich die Jacke eher bei laueren Temperaturen anziehen will, finde ich die Viskose innen sehr angenehm, da ich ein kurzärmeliges Shirt anziehen kann und es sich innen schön weich anfühlt. Bei Jacken, die eher mit langen Shirt getragen werden sollen, würde ich wohl eher zu Futterstoff für die Ärmel greifen.
Der Schnitt und meine Anpassungen
Um die Jacke schließlich nach meinen Wünschen zu gestalten, habe ich ein paar Änderungen vorgenommen. Ich habe mich für View B mit Kapuze entschieden und Größe 6 gewählt. Der Schnitt ist eigentlich so lang, dass er bis zur unteren Hüfte geht. Meine Jacke sollte aber eher etwas kürzer sein und nur bis zur oberen Hüfte gehen. Daher habe ich den Schnitt für meine Größe um 12,5cm gekürzt, sodass sie am Ende vom Kragen bis unten 60cm lang ist. In der Anleitung sind die Maße der fertigen Jacke enthalten, an denen ich abmessen konnte, wie viel ich den Schnitt kürzen möchte.
Die Taschen, die im Schnitt enthalten sind, sind zwei verschiedene aufgesetzte Taschen. Auch das entsprach nicht ganz meinen Vorstellungen. Also habe ich einfach die Klappentasche vom Wind & Wetter Parka genommen und hier verwendet. Taschen kann man bei vielen Schnitten echt gut einfach untereinander austauschen!
Was mir außerdem beim Schnittmuster nicht so ganz gefiel, war die Vorderansicht mit dem Reißverschluss. Beim Originalschnitt gibt es keine Blende, das heißt man sieht den Reißverschluss. Das ist natürlich nicht weiter schlimm, aber für mich sah das irgendwie unfertig oder zu offen aus – versteht ihr, was ich meine..? Ich habe mich dann relativ schnell dazu entschieden, selbst eine Reißverschlussblende zu ergänzen. Dafür habe ich zunächst ein Rechteck mit den Maßen 60cmx14cm zugeschnitten. Dieses wird rechts auf rechts an den kurzen Kanten zusammengenäht und gewendet. Dann habe ich die eine Hälfte der Druckknöpfe angebracht und die Blende dann zusammen mit dem Reißverschluss eingenäht. Wenn beide Reißverschlussteile dran sind, kann man die Gegenstücke der Druckknöpfe befestigen.
Die Kordelenden der Jacke habe ich übrigens einfach mit Garn umwickelt, da ich nicht so recht wusste, was ich damit machen soll und Knoten nicht so schön fand. So gefällt es mir jetzt richtig gut!
Das Nähen
Das Nähen der Jacke ging mir recht unproblematisch von der Hand. Der Cupro ist etwas schwierig, was Bügeln angeht. Auch die Vlieseline wollte einfach nicht halten. Deswegen habe ich mir auch Sorgen gemacht, wie das mit den Knöpfen und Ösen funktionieren soll. Ich habe je einen Wonder Dot (die gibt es bei Snaply, aber ich glaube, es ist sowas wie Vliesline S133) aufgebügelt und bisher halten alle Knöpfe und Ösen gut.
Ich habe die Jacke fast komplett mit dem Sew Along von Chalk and Notch genäht. Die Anleitung des Schnittmusters enthält nur Illustrationen, aber beim Sew Along ist jeder Schritt nochmal mit einem Foto erklärt, was ich deutlich einfacher und unkomplizierter fand.
Mein Fazit
Der Schnitt ist wirklich richtig toll. Ich mag die Details wie das sehr professionell aussehende Futter und den breiten unteren Saum. Die Jacke sitzt bei mir schön locker, die Ärmel sind relativ weit, aber im Schnitt wird auch darauf hingewiesen, dass man diese anpassen kann. Mit meinen Anpassungen gefällt mir die Jacke aber tatsächlich besser als der originale Schnitt – zum Glück… 😉
Der Name des Schnittes ist hier wirklich Programm: Das Nähen macht große Freude und wenn alles so zusammen kommt, fühlt es sich einfach nur toll an, so etwas selber genäht zu haben. So ganz kann ich manchmal gar nicht glauben, dass ich diese Sachen wirklich selber machen (und nicht vielleicht doch kleine Kobolde in der Nacht…) und auf dieses Projekt bin ich auch richtig stolz.
Da kann die Jacke im Laden wirklich einpacken, zumal sie nicht so ein hübsches Blumenfutter hatte!
Schnitt: Joy Jacket – Chalk and Notch
Stoff: Cupro, sandgewaschen, navy
Viskose geblümt – Stoff & Stil
Verlinkt: WoF, Nähfrosch
9 Antworten
Deine Jacke sieht wirklich klasse aus! Ich habe im Moment auch Cupro in der Waschmaschine, weil ich einen Jumpsuit daraus nähen will. Deine Erfahrung mit dem Stoff macht mir jetzt allerdings etwas Sorgen.
Liebe Grüße, Steffi
Hi Steffi, danke dir! Also der Stoff macht eigentlich echt Spaß, vor allem beim Tragen. Aber dass man nichts richtig aufbügeln kann, ist schon etwas störend. Vielleicht gibt es sepzielle Vlieseline, die man benutzen kann!?
Wenn du Ösen oder Ähnliches anbringen willst, würde ich auf jeden Fall versuchen, etwas drunter zu bügeln – ansonsten würde ich wohl eher Knopflöcher machen statt Ösen, wenn es der Optik nichts ausmacht.. 😉 Bei mir passten die goldenen Ösen bloß so gut!
Liebe Grüße, Fredi
Wow!!! Ein ganz tolles Teil hast du dir da genäht! Wahnsinn. Die ist echt schön geworden, die Jacke. Das Futter ist ein richtiger Hingucker!
Schön, dass du bei Du für Dich am Donnerstag mit dabei bist!
LG
Katja
Liebe Fredi, ich freu mich total, dass du bei der Sew La La-Linkparty dabei bist!!! Liebe Grüße, Melanie
Wow, deine Jacke gefällt mir richtig gut. Ein tolles Gesamtbild. Der Futterstoff macht in der Kombination mit dem Cupro echt was her.
LG Jasmin
Hallo Fredi, ich bewundere dich sehr für deine ausgesprochen guten Stil! Deine Kombinationen sind immer gamz toll und wirken sehr harmonisch. Eine ganz tolle Jacke hast du (wieder) genäht!
LG Vanessa
Deine Jacke ist wunderschön geworden,viel besser als wenn du dir eine Jacke gekauft hast.
Viel Spaß mit deinem perfekten Teil
Lg Bettina
Ich bin echt immer beeindruckt was du mit der Nähmaschine so zauberst und dein Stil ist einfach toll! Die Jacke ist wunderschön geworden, viel Spaß beim Tragen und Ausführen!
Hoi Fredi, ich suche schon seit Wochen nach dem richtigen Schnittmuster für meine neue Frühjahrsjacke. Der Stoff liegt schon längst bereit, heute habe ich auf deinem Blog endlich ein Schnittmuster gefunden das mit ein paar Änderungen genau meiner Vorstellung entspricht. Vielen Dank!